Unverständlich; aber tatsächlich gibt es laut Oksana Nor, Mitarbeiterin der Tschernobyl-Informationsstelle in Kiew, „zahlreiche Anfragen“ von Touristen, die das Sperrgebiet um das ehemalige Atomkraftwerk Tschernobyl besichtigen wollen. Bereits in den vergangenen Jahren haben vereinzelt Fremdenführer kleinere Gruppen auf Wunsch in das verstrahlte Gebiet geführt. Jetzt plant die Tschernobyl-Behörde Touristenführungen im großen Stil. Das Reaktorunglück, dass am 26. April 1986 statt fand und in den ersten Tagen von der russischen Regierung vertuscht worden war, hat 100.000 Menschen bisher das Leben gekostet und eine unbekannte Zahl von Menschen verstrahlt. Bei der Explosion des Reaktors wurde 50 mal mehr Strahlung freigesetzt, als von der Atombombe auf Hiroshima. Entsprechend hoch ist die Strahlenbelastung der Umgebung. Pjotr Waljanski vom ukrainischen Zivilschutzministerium warnt vor schwersten Gesundheitsschäden. Doch für die Mitarbeiter der Tschernobyl-Informationsstelle reicht es als Legitimation, dass diese Führungen die bisher illegal statt finden, ja offensichtlich erwünscht sind. Die Touristen werden auch zukünftig das Gebiet auf eigene Gefahr besuchen. Da Strahlung das Erbgut massiv schädigt, besteht zumindest eine gute Chance, dass in diesem Fall die Dummheit tatsächlich ausstirbt.